Soweit das Auge reicht: tote rotbraune Fichtenkronen im sonst grünen Wald. Ein trauriger Anblick – für jeden!

Wenn man den Blick schweifen lässt (und das geht aufgrund der vielen Freiflächen ja viel besser als vor ein paar Jahren) zeigen sich immer wieder die rot bis braun verfärbten Spitzen der abgestorbenen Fichten in den Wäldern des Forstamts Bad Hersfeld. Da wo sonst grüne Nadeln den ehemals so beliebten Baum der deutschen Forstwirtschaft zieren sollen, hängen nun trostlose braune, vertrocknete Nadeln in den Kronen und ein leichter Windhauch genügt, um es leise rieseln zu lassen. Oft fällt bereits die Rinde der Fichten ab.
Diagnose: Da ist nichts mehr zu retten. Die „roten“ Fichten sind tote Fichten. Durch die vergangenen Hitzewellen und die extreme Trockenheit sind die Bäume geschwächt und werden zu einer leichten Beute für den Buchdrucker.
Der Buchdrucker gehört zu den Borkenkäfern und ist ein etwa stecknadelkopfgroßer dunkelbrauner bis schwarzer Käfer auf dessen Speisezettel ganz oben die Fichte steht. Als aufmerksamer Waldbesucher haben Sie bestimmt schon die zahlreichen Fraßgänge an der abblätternden Rinde entdeckt. Sie stammen vom Buchdrucker und seinen Larven. Die Insekten zerstören durch ihren Fraß die Wasserleitungsbahnen (auch Kambium genannt) der Fichte. Sind diese lebenswichtigen Leitungsbahnen erst einmal unterbrochen, stirbt die Fichte ab. Sie vertrocknet buchstäblich.
Gesunde Fichten können dem Angriff ihrer winzigen Feinde widerstehen, indem sie als Abwehrreaktion Harztropfen bilden und die Käfer darin einschließen. Normalerweise funktioniert dieser natürliche Verteidigungsmechanismus sehr gut, aber aufgrund der Hitzerekorde und den Niederschlagsdefiziten in den letzten beiden Jahren sind die Fichten geschwächt und nun ein einfaches Opfer für die gefräßigen Käfermassen. Während also die warmen Temperaturen den Fichten schaden, profitieren die Borkenkäfer davon. Sie finden ideale Bedingungen für eine Massenvermehrung vor. Mehr Käfer wiederum bedeuten mehr Ansturm auf die bereits geschwächten Fichten und damit mehr Verluste bei den Fichten.
Wie können wir hier helfen?

Zurzeit sind im Forstamt Bad Hersfeld viele Holzerntemaschinen unterwegs. Und auch die Motorsägen der Waldarbeiter brummen. Gemeinsam mit den großen Maschinen versuchen wir so schnell wie möglich die frisch befallenen Fichten zu fällen, aufzuarbeiten und aus dem Wald ins Sägewerk zu schaffen. Bloß raus aus dem Wald und zwar schnell. Denn auch in bereits gefälltes Holz, wenn es noch frisch genug ist, kann der Buchdrucker einziehen und sich vermehren. Es ist also ein Wettlauf gegen die Zeit, der verhindern soll, dass sich immer mehr neue Buchdrucker entwickeln können.
Aber wonach entscheiden wir an welchen Baum „der Strich aus der Farbdose“ gesprüht wird? Schon klar, der Borkenkäfer muss drinnen sein, aber wie genau erkennt man das jetzt?
Unsere Mitarbeiter suchen nach den winzigen Einbohrlöchern und dem verräterischen braunen Bohrmehl, das sich durch die Einbohraktivtäten ergibt und am Stammfuß wie „Kaffeepulver“ zu finden ist. Auch im Sonnenschein glitzernde Harztropfen sind ein Indiz für bereits eingebohrte Käfer. Fichten, die noch grünen Nadeln haben und scheinbar gesund wirken, können auch vom Buchdrucker befallen sein und müssen entnommen werden, wenn sie die eben genannten Symptome aufweisen.
Wenn sich die Käfer an einer Fichte „ausgetobt“ und als ein totes Gerippe zurücklassen haben, dann geht von diesen Fichten keine weitere Gefahr für die Nachbarbäume mehr aus, da sie sich in dem toten Baum nicht mehr vermehren können. Die Käfer sind bereits ausgeflogen und suchen schon die nächste gesunde Fichte.

Die toten Fichten sind für den Borkenkäfer und andere Schädlinge uninteressant. Aus Waldschutzgründen müssen wir diese Bäume also nicht entnehmen. Ohnehin sind sie für einige Sägewerke nur noch bedingt geeignet, weil das Holz durch Trocknungsrisse und Verfärbungen sehr schnell entwertet. Außerdem sind die Sägewerke im Moment gut versorgt, denn der Käfer frisst nicht nur in den Wäldern des Forstamtes Bad Hersfeld, sondern hessen- bzw. deutschlandweit. Dieses Überangebot an Holz führt zu geringen Erlösen in der Forstwirtschaft. Aber die Holzerntemaschinen und Forstarbeiter, die uns im Kampf gegen den Buchdrucker (Waldschutz) helfen, arbeiten schließlich nicht ehrenamtlich und müssen entlohnt werden. So entsteht eine verzwickte Situation. Um diese schwierige Lage zu entschärfen, konzentrieren wir uns auf die noch zu rettenden „grünen“ Fichten und lassen die trockenen „roten“ Fichten, aus denen der Käfer bereits ausgeflogen ist, erstmal stehen. Diese abgestorbenen Fichten stellen keine Gefahr mehr für die Waldgesundheit dar und sind nur dort zu fällen wo sie aus Gründen der Verkehrssicherung eine Gefahr sind. Die auf den ersten Blick unverständliche „Unordnung“ aus abgestorbenen Bäumen im Wald birgt aber auch Chancen und Möglichkeiten. Denn Totholz ist ein wichtiger Bestandteil des Waldökosystems und bietet zahlreichen Arten einen Nahrungs- und Lebensraum. So nutzt beispielsweise der Specht einige der toten Bäume als Wohnraum, aber auch Fledermäuse und viele Insekten profitieren vom Totholz. Außerdem schützen die Fichtengerippe andere Bäume vor Wind und zu starker Sonneneinstrahlung. Ein echtes Multitalent dieses stehende Totholz! Andererseits wird es auf Dauer nicht überall stehen bleiben können. Gerade bei der zunehmenden Trockenheit erhöhen die abgestorbenen Fichten, sollten sie stehen bleiben, die Waldbrandgefahr.
Momentan erlebt unser Wald eine schwere Zeit. Nicht nur die Fichte stirbt ab, auch andere Baumarten wie beispielsweise die Buche leiden sehr unter der Trockenheit und Hitze. Wir von HessenForst versuchen die Schäden so gering wie möglich zu halten und kämpfen täglich mit vollem Einsatz für den Wald. Wir bitten um Ihr Verständnis, wenn aufgrund des Einschlags vorübergehend Wege gesperrt sind. Dies geschieht nur zu Ihrer eigenen Sicherheit. Das Forstamt Bad Hersfeld ist bemüht Risikobereiche zu neutralisieren. Dennoch können die abgestorbenen Fichten jederzeit unvorhergesehen zusammenbrechen oder Äste herabfallen. Daher ist bei jedem Waldbesuch, auch in den kommenden Monaten, besondere Vorsicht geboten! Bei Fragen zur aktuellen Situation in unseren Wäldern wenden Sie sich vertrauensvoll an uns. Unsere Ansprechpartner finden Sie auf der Startseite. Wir sind gerne für Sie da.