Natuschutzexkursion im Forstamt Biedenkopf

11.08.2022

Im Rahmen einer Fahrradexkursion erläutert Forstamtsleiter Dr. Wagner Waldnaturschutzprojekte des Forstamtes

Am 08.07.22 lud das Forstamt Biedenkopf zu einer Exkursion zu Waldnaturschutzthemen ein. Anwesend waren Vertreter örtlicher Naturschutzverbände, an Waldnaturschutz interessierte Einzelpersonen und einige bei HessenForst in Ausbildung befindliche Nachwuchskräfte. Ziel der Exkursion war es exemplarisch Naturschutzprojekte des Forstamtes aufzuzeigen und die alltägliche naturschutzfachliche Arbeit der Försterinnen und Förster zu erläutern.

Geleitet wurde die Exkursion von Forstamtsleiter Dr. Lars Wagner, unterstützt durch Mara Backhaus, die neue Funktionsbeamtin Naturschutz im Forstamt Biedenkopf.

Startpunkt der Exkursion war das Tretbecken im Hainbachtal bei Wallau. Nach einer kurzen Wegstrecke auf dem Drahtesel, mit und auch ohne Unterstützung, wurde eine vor kurzem vom Land Hessen erworbenen Waldfläche begutachtet. Die im ehemaligen Eigentum der Kirchengemeinde Wallau-Weifenbach befindliche Waldfläche im oberen Hainbachtal bot erhebliches Potential zur ökologischen Aufwertung. Der dort stehende wenig naturnahe und auf diesem „bachbegleitenden“ Standort nicht passende Fichtenwald zeigte auch schon im letzten Jahr ersten Borkenkäferbefall. Seitens des Forstamt Biedenkopf entstand die Idee diese Waldflächen ökologisch aufzuwerten und naturschutzfachlich zu entwickeln. Nach erfolgter Waldwertschätzung konnten diese Waldflächen vom Land über die obere Naturschutzbehörde angekauft werden. Die Fichten wurden gefällt und von der Fläche verbracht. Hierbei war es wichtig, dass die sensible Fläche nicht mit Maschinen befahren wurde. Als nächster Schritt werden bestehende Entwässerungsgräben geschlossen und Kleingewässer in der Fläche angelegt. Im Frühjahr 2023 soll dann die naturnahe Bepflanzung mit Erle und Stieleiche erfolgen. Durch diese Maßnahme wird der an diesem Waldort „naturferne“, dunkle und standörtliche nicht passende Fichtenwald in einen natürlichen Bach-Erlenwald umgewandelt. Der Bach darf sich seinen Weg durch die Fläche suchen und mäandrieren. Dadurch entsteht ein natürlicher und strukturreicher Gewässerlauf der Brut- und Nahrungshabitat für zahlreiche Tierarten darstellt.

Paradiesische Verhältnisse für Amphibien. Ein vor 4 Jahren vom Forstamt angelegtes Kleingewässer (Foto: HessenForst).

Ebenso die angelegten Kleingewässer. Diese sind dann zum Beispiel ein ideales „Bruthabitat“ für den Feuersalamander der im Hainbachtal ein stabiles Vorkommen aufweist, welches hiermit geschützt werden soll. Von diesen Habitaten profitieren aber ebenso alle anderen vorkommenden Amphibien und weitere Tierarten. So stellt diese Fläche dann auch ein hervorragendes „Jagdhabitat“ für den seltenen und streng geschützten Schwarzstorch dar, der auch schon jetzt gelegentlich das Hainbachtal zur Nahrungssuche aufsucht. Aber nicht nur seltene Tierarten profitieren von dieser Maßnahme. Durch die Schließung vorhandener Gräben, Anlage von Kleingewässern und einem natürlichen, strukturreichen Bachlauf wird insgesamt mehr Wasser in der Fläche gehalten und der Oberflächenabfluss bei Starkregenereignissen verringert und verlangsamt. Damit liefert diese Maßnahme auch nachhaltig einen Beitrag zum Hochwasserschutz.

Nach wenigen Tritten in die Pedale konnten am oberen Bachlauf des Hainbach vom Forstamt vor vier Jahren angelegte „Kleingewässer“ besichtigt werden. Erfreulicherweise konnte die Exkursionsgruppe hier Feuersalamander Larven im Gewässer entdecken. Der Feuersalamander ist eine „Patenart“ des Forstamts Biedenkopf, für die gezielt solche Kleingewässer angelegt werden. Die lebend geborenen Larven können sich in diesen fischfreien, beruhigten Gewässern gut entwickeln.

Ein Teil der Exkursionsgruppe entdeckt Feuersalamanderlarven (Foto: HessenForst).

Zum Thema Feuersalamander arbeitet das Forstamt zusammen mit der Uni Gießen an einem Projekt zur Untersuchung und Monitoring der örtlichen Population. Bedroht wird die „besonders Geschützte“ Art derzeit durch die sogenannte Salamander Pest, ein aus Asien stammender pathogener Hautpilz der Gattung Batrachochytrium (kurz „Bsal“ genannt).

Ein weiterer Exkursions-Punkt beschäftigte sich mit dem Thema Naturwaldentwicklungsflächen (NWE-Flächen). Die ehemals als Kernflächen bezeichneten Bereiche sind aus der Bewirtschaftung des Waldes herausgenommen. HessenForst hat rund 10% der staatlichen Waldflächen aus der forstlichen Nutzung genommen und als NWE-Flächen ausgewiesen. Hier erfolgen lediglich noch Verkehrssicherheitseingriffe entlang von Wegen.

Als weitere Naturschutzmaßnahmen führte Forstamtsleiter Wagner die sogenannten Habitatbäume an. Habitatbäume werden von den Revierleitungen beim Auszeichnen der Bäume im laubfreien Zustand gekennzeichnet. Man unterscheidet in fakultative und obligatorische Habitatbäume, also Bäume in denen bereits offensichtliche Habitate wie etwa Spechthöhlen vorhanden sind (obligatorische) oder Bäume die sich durch Wuchsform oder Alter potentiell als Habitatbäume anbieten (fakultative). In über 100-jährigen Laubholzbeständen sollen laut der neuen Naturschutzleitlinie von HessenForst 10 Habitatbäume pro Hektar vorhanden sein, die dann dauerhaft nicht gefällt werden dürfen. Aber auch allgemein wird in allen Waldbeständen von den naturschutzfachlich gut ausgebildeten Försterinnen und Förstern der Schutz von Habitaten wahrgenommen. Werden Horste von Greifvögeln, Schwarzstorch und Co. entdeckt gilt es insbesondere in der Brutzeit Schonfristen um den Horst einzuhalten. Wird z. B. der Horst eines Schwarzstorches gefunden, so werden im Falle dieser Art Horstschutzzonen von 200 Meter rund um den Horstbaum angelegt, in denen der Wald dann völlig in Ruhe gelassen wird. Somit kann der störungsanfällige Schwarzstorch erfolgreich brüten. Der seltene Schwarzstorch genießt bei HessenForst einen besonderen Status, mittlerweile gibt es wieder rund 50 Brutpaare in Hessen. Vor hunderte Jahren galt der Vogel als ausgestorben in Hessen.

Auch das Thema Borkenkäferkalamitäten konnte natürlich nicht ausbleiben, da es in unseren Waldbildern mittlerweile leider fast überall präsent ist. So zeigte Forstamtleiter Wagner eine ehemals mit Fichte bestockte, mittlerweile vom Käfer befallene Bergkuppe und sprach über Alternativen der Wiederbewaldung. Hierbei wird vermehrt auf natürliche Wiederbewaldlungsstrategien gesetzt. Baumartenvielfalt bei der Wiederbewaldung der Schadensflächen senkt betriebliche Risiken und fördert die Artenvielfalt.

Abschließend zeigt Dr. Wagner einen alten Stollen der in Zusammenarbeit mit der oberen Naturschutzbehörde zum Schutz für Fledermäuse teilweise verschlossen wurde. Im Bereich des Forstamt Biedenkopf sind 52 alte Stollen kartiert und wichtiges Winterquartier für viele Fledermausarten wie Untersuchungen der oberen Naturschutzbehörde zeigen. Bergab rollten die Räder dann leicht wieder zum Ausgangspunkt der Exkursion wo sich alle Teilnehmer sicher waren, welche hohen naturschutzfachlichen Wert unsere Waldflächen haben. Auch so manch ein Teilnehmer zeigte sich erstaunt über den hohen Einsatz der Försterinnen und Förster für den Waldnaturschutz. Genauso wie manch seltene Tierart im Wald eher im Verborgenen lebt, findet auch diese wichtige Arbeit häufig ganz unbemerkt von der Bevölkerung statt.