Fichtenborkenkäferkalamität 2018 – 2020

20.08.2020

Welche Baumarten sind die Verlierer des Klimawandels?

Die Fichte, Baum des Jahres 2017, ist ein Sorgenkind der Förster in Deutschland, Hessen und auch im Forstamt Weilrod geworden. Als Baum des Nordens liebt die Fichte ein kühles und feuchtes Klima und ausreichende, über das ganze Jahr verteilte Niederschläge.

Leider laufen die schon spürbaren Folgen des Klimawandels in die genau entgegengesetzte Richtung; längere Trockenperioden wechseln sich mit Starkregenereignissen ab, die Durchschnittstemperaturen erhöhen sich laufend und auch Temperaturextreme nehmen zu.

In den Jahren 2018 und 2019 war der Witterungsverlauf besonders ungünstig: nach einem kalten und nassen Vorfrühling gab es im Frühjahr/ Sommer nahezu keine Niederschläge mehr bis auf wenige Gewitter. Diese Trockenperiode war bisher nahezu einzigartig.  Erst im Spätherbst gab es wieder längere Feuchteperioden. Auch das Frühjahr 2020 war viel zu trocken, die Bäume konnten sich auch im Jahr 2020 bisher nicht von dem Trockenstress erholen.

Die Fichte ist ein ausgeprägter Flachwurzler. Die Wurzeln reichen nur, je nach Alter des Baumes und Bodenbeschaffenheit 50 -80 cm in die Tiefe. Dieser Bereich war in den letzten Jahren nahezu vollständig ausgetrocknet. Auch die Rotbuche liebt ein kühl-feuchtes Klima.

Nach Laubaustrieb im Frühjahr wurden nun auch die Trockenschäden der Buche der letzten Jahre sichtbar, abgestorbene Äste in der Baumkrone sowie ganze abgestorbene Baumkronen zeigen den Zustand den die Bäume haben. Zu befürchten ist, das ganze Buchenbestände in den nächsten Jahren Vitalitätsverluste und damit Wachstumsstörungen haben werden.

Warum kann der Fichtenborkenkäfer noch Jahr nach der Dürre Probleme machen?

Die Fichten gerieten in der Dürre der letzten Jahre unter den sogenannten „Trockenstress“. Das bedeutet, sie konnten sich gegen einbohrende Borkenkäfer nicht mehr mittels Harzfluss wehren. Am Anfang der Brutperiode im März/April 2018 konnten sich so auch nur wenige Borkenkäfer optimal vermehren und über den Sommer und Herbst bis zu vier Generationen von neuen Borkenkäfern ausbrüten. Dadurch wurden nahezu alle Waldgebiete mit Fichten durch die Borkenkäfer befallen.

Aufgrund des Sturmereignisses Friederike im Januar 2018 gab es zusätzlich brutfähige Fichten, die erst allmählich im Jahresverlauf aufgearbeitet werden konnten. Zwar „verschwanden“ viele Borkenkäfer nach der Aufarbeitung und der Abfuhr in den Sägewerken und wurden dadurch unschädlich gemacht, aber aufgrund der Menge von insgesamt 400.000 fm Windwurf- und Käferholz im Forstamtsbereich Weilrod war es nicht möglich, alles Holz vor dem Borkenkäfer in Sicherheit zu bringen.

Erst Ende Oktober 2018 bei Temperaturen unter 10°C stoppte die Entwicklung der letzten Brutgeneration. Die Borkenkäfer überwintern zurzeit in der Bodenstreu und in befallenen Bäumen. Bei Tagestemperaturen von ca. 15°C beginnt dann vermutlich ab März dieses Jahres wieder ein neuer Brutzyklus. Aufgrund der großen Zahl überwinternder geschlechtsreifer Käfer zeigt die Erfahrung, das die starke Vermehrung in diesem Jahr fortschreiten wird.

Können mittels der Harvestertechnik nicht schnell alle befallenen Fichten aufgearbeitet werden?

Durch den Sturm Friederike und das schon im letzten Jahr aufgearbeitete Käferholz sind die Fichtensägewerke in Mitteleuropa an ihrer Kapazitätsgrenze. Denn nicht nur in Hessen, sondern auch in den angrenzenden Bundesländern traten Sturm- und Käferschäden bei der Fichte auf.   Aufgrund des Überangebotes sind die Verkaufserlöse deutlich geringer als noch in 2017. Es ist absehbar, dass auch in diesem Jahr das Angebot an Fichtenholz die Nachfrage deutlich überschreiten wird. Aus diesem Grund muss HessenForst nun eine neue Strategie für die Aufarbeitung kranker Fichtenbestände anwenden.

Zurzeit werden die befallenen Fichtenbestände im Forstamtsbereich überprüft, kartiert und die Schadenshöhe befallener Käferfichten geschätzt. In einem zweiten Schritt muß dann entschieden werden, ob es sinnvoll ist, zum Schutz der gesunden Bäume rasch die befallenen Bäume aufzuarbeiten. Ist der Waldbestand bereits zu stark geschädigt, wird er erst in zweiter Priorität behandelt, gegebenenfalls bleiben die abgestorbenen Bäume zunächst stehen.

Wird der Waldbesucher im Sommer tote Fichtenbestände sehen? Nimmt damit die Borkenkäfergefahr nicht zu?

Es wird nicht zu vermeiden sein, dass abgestorbene Einzelbäume und ganze abgestorbene Fichtenbestände zunächst nicht beseitigt werden. Wegen der Vermarktungsengpässe, aber auch der eingeschränkten Kapazität von Forstmaschinen müssen sich die Förster zunächst noch um die Bestände kümmern, bei denen die Hoffnung besteht, dass der Borkenkäferkalamität Einhalt geboten werden kann. Abgestorbene Fichten sind für den Borkenkäfer nicht mehr bruttauglich, da sie schnell austrocknen und die für die Brut notwendige Rinde abfällt.

Kann nicht mehr Fichtenholz vermarktet werden?

Die Verarbeitungskapazität für Fichtenholz in Mitteleuropa ist bereits seit dem letzten Jahr erschöpft. Zusätzliche Kapazitäten gibt es zurzeit nur in China. HessenForst vermittelt bereits nennenswerte Holzmengen mittels Hochseecontainern dorthin, um den hiesigen Markt zu entlasten. Allerdings sind auch hier die Marktpreise erheblich zurückgegangen, eine Kostendeckung wird teilweise schon nicht mehr erreicht.

Wie geht man mit den Freiflächen um, die nach der Aufarbeitung der Käferfichten entstehen?

Bereits im Frühjahr dieses Jahres wurde mit der Wiederaufforstung der Waldbestände begonnen. Hierbei informiert HessenForst die betroffenen Waldbesitzer über die Förderprogramme des Landes Hessen und unterstützt sie bei der Antragstellung für die forstliche Förderung. Ziel wird es sein, Mischbestände aus drei bis vier Baumarten zu pflanzen, damit bei zukünftigen Witterungsextremen keine flächigen Schäden mehr entstehen.

Wie viele Fichtenbestände wird es in den nächsten Jahrzehnten im Taunus noch geben?  

Aufgrund ihrer Anfälligkeit lassen die Förster schon seit einigen Jahrzehnten die Fichte nur noch als Mischbaumart pflanzen. Fichtenreinbestände wird es in einigen Jahrzehnten nur noch in den Hochlagen des Taunus geben, dort wo die Niederschläge höher und die Jahrestemperaturen geringer sind. Man kann sagen, dass in den Waldbereichen unter 500 über N.N. die Fichten zukünftig nur noch aus Naturverjüngung in einem geringen Anteil in Mischung mit Laubholz oder klimatisch besser angepassten Nadelbäumen wie Lärchen, Weißtannen oder Douglasien vorkommen wird.

(Thomas Götz)