Arten und Habitatpatenschaften bei HessenForst

13.09.2022

Wir sind mit dem Förster draußen im seinem Revier unterwegs – er hält an einem kleinen Teich am Rande einer Waldwiese. Er kommt, um den Fahrer des Baggers zu verabschieden, der dort gearbeitet hat. Der Fahrer packt gerade seine Werkzeuge zusammen für die Weiterfahrt. Doch was macht überhaupt ein Bagger im Wald? Wer den Blick über die Wiese schweifen lässt sieht: dort ist ein großes Loch entstanden.

„Wir haben hier in den letzten Tagen einen neuen Teich angelegt“ erzählt der Förster stolz. Damit unterstützen wir unsere Patenart, den Schwarzstorch. Der scheue Waldbewohner fliegt von seinem großen Nest im Wald los und sucht nach Wasserstellen, an denen er zum Beispiel Frösche fangen kann. „Da, wo bisher nur eine kleine Pfütze in einem Erdloch zu sehen ist, wird sich in den nächsten Monaten ein neuer Lebensraum für viele verschiedene Arten entwickeln“.

Die Patenschaften unserer Forstämter

Der Schwarzstorch ist nur eine von knapp 50 Arten, die von den hessischen Forstämtern als Artpatenschaften ausgewählt wurden. Wie beim neuen Teich bei unserem Förster werden diese Arten mit besonderen Maßnahmen und Projekten gefördert. Und nicht nur bestimmte Arten bekommen diese besondere Aufmerksamkeit: Auch für über 20 besondere Habitate und Lebensräume werden solche Maßnahmen durchgeführt. Jedes der 39 Forstämter des Landesbetriebs HessenForst wählt Art- und Habitatpatenschaften.

ForstamtArtpatenschaftHabitatpatenschaft
Forstamt Bad HersfeldSchwarzstorch Waldwiese
Forstamt Bad SchwalbachSchwarzstorch 
Forstamt BeerfeldenÄskulapnatterSteinrasseln (Mini-Blockfelsenmeere)
Forstamt BiedenkopfFeuersalamanderNiederwald
Forstamt BurghaunKreuzotter, Elsbeere 
Forstamt BurgwaldRundblättriger Sonnentau, Schmalblättriges Wollgras, Rauhfußkauz, SperlingskauzWaldmoore
Forstamt DarmstadtEremit, FledermäuseWaldrand, Hohlwege, Lösswände
Forstamt DieburgLaubfrosch, Ziegenmelker, GelbbauchunkeSukzessionsflächen
Forstamt Frankenberg-VöhlMopsfledermaus, Hirschkäfer, Geburtshelferkröte, SchwarzstorchWaldwiesen
Forstamt FuldaSchwarzstorch, KreuzotterAuwald
Forstamt Groß-GerauWildobstAuwald
Forstamt Hanau-WolfgangEisvogel, FlatterulmeKleingewässer
Forstamt HerbornHaselhuhn, Gelbbauchunke, FeuersalamanderStillgewässer
Forstamt Hess. LichtenauLuchs, Brauns SchildfarnMoorbirkenwald
Forstamt HofbieberMopsfledermaus, Schwarzstorch, Feuersalamander,Quellen
Forstamt JesbergSchwarzpappelHangmoor, Quarzithalden
Forstamt JossgrundKreuzotter, BiberWacholderheide
Forstamt KirchhainGroße MoosjungferErlenauwald
Forstamt KönigsteinRauhfußkauz, Lanzettliche Glockenblume, Gestreifte Quelljungfer, UhuBäche
Forstamt LampertheimMittelspecht, Wiedehopf 
Forstamt LangenZiegenmelker, MoorfroschSandkiefernwälder
Forstamt MelsungenLuchs, Gestreifte Quelljungfer 
Forstamt MichelstadtSperlings- und Rauhfußkauz 
Forstamt NeukirchenLaubfrosch, Waldschnepfe, WasserfledermausFeuchtstandorte
Forstamt NiddaLaubfrosch, Hirschkäfer, MopsfledermausWaldteiche, Offenland-NSG
Forstamt ReinhardshagenSchwarzstorch, EremitWaldmoor
Forstamt RomrodBechsteinfledermaus, SchwarzstorchWaldwiesen
Forstamt RotenburgEdelkrebsFließgewässer, Quellen
Forstamt RüdesheimÄskulapnatter, Wildkatze, RentierflechtenSilikatfelsen
Forstamt SchlüchternBiber, Fischotter, Kreuzotter, RotmilanWaldwiesen
Forstamt SchottenLuchs, RotmilanQuellen
Forstamt WehretalFrauenschuh, EibeFelsabhänge, Geröll- und Schutthalden
Forstamt WeilburgGelbbauchunke, Bechsteinfledermaus, Blauschillernder FeuerfalterSteinbrüche, Tongruben
Forstamt WeilmünsterGelbbauchunke 
Forstamt WeilrodWildkatze, UhuFeuchtbiotope, Kleingewässer
Forstamt WettenbergFeuersalamander, LaubfroschStillgewässer
Forstamt WetzlarHaselmaus, Mittelspecht,Dunkler WiesenknopfameisenbläulingEichenwald, Quellen
Forstamt Wiesbaden-Chaus.Äskulapnatter, WespenbussardAufgelassene Steinbrüche
Forstamt WolfhagenEremitQuellbäche, Moore

Regionale Unterschiede

Dabei unterscheiden sich die ausgewählten Arten als auch die Habitate zum Teil erheblich- je nachdem welches Forstamt man gerade besucht. Da Hessens Wälder so vielfältig sind, findet man eine Fülle an Arten. Während im Norden und Osten Hessens Schwarzstorch, Moore oder Libellen besondere Beachtung finden, wurden im trockenen und wärmeren Süden Mittelspecht, Wiedehopf oder die Äskulapnatter ausgewählt. Bei der Auswahl einer Art oder eines Habitats eines Forstamtes wird genau geschaut: gibt es besondere, seltene oder geschützte Vorkommen in unserem Forstamt? Welche davon sind typisch für die Region? Können Arten von Maßnahmen profitieren, die ursprünglich für eine andere Art durchgeführt wurde? Ein Teich für den Schwarzstorch hilft gleichzeitig vielen weiteren Arten wie Erdkröte, Bergmolch oder verschiedenen Libellenarten. Bäume, die im Umkreis einer Fledermauskolonie nicht mehr weiter genutzt werden, bieten einen hervorragenden Lebensraum für eine Vielzahl an Insekten. Oder die Fällung von Bäumen, die die Abbruchkante eines ehemaligen Steinbruchs beschatten – hier kann nicht nur der Uhu besser an seinen Brutplatz gelangen, auch Eidechsen freuen sich über ein Sonnenbad in luftiger Höhe.

Dokumentation und Kontrolle

Um einschätzen zu können, wo welche Maßnahmen sinnvoll sind, werden die Vorkommen der Patenschaftsarten und der Zustand der Patenschaftshabitate zukünftig aufgenommen und dokumentiert. Unser Förster notiert sich immer, wenn er einen Schwarzstorch im Wald oder auf den umliegenden Wiesen sieht. Zusammen mit seiner Kollegin, die Naturschutzprojekte im Forstamt koordiniert, zählt er in jedem Jahr wie viele Jungtiere im gut versteckten Nest im Wald sitzen. Je besser der Lebensraum für die Art, desto mehr breitet sie sich aus. Die gesammelten Informationen bieten die Grundlage für Maßnahmen und Projekte, die in den kommenden Jahren durchgeführt werden. Zusammen mit vielen weiteren Maßnahmen bilden sie die Grundlage für die Lokalen Naturschutzkonzepte die jedes Forstamt erstellt.

Aber zurück zu unserem Waldteich: Unser Förster ist zufrieden mit der Arbeit des Baggers. Neben einer tieferen Wasserzone gibt es auch einige flachere Bereiche in denen sein Schützling, der Schwarzstorch, zukünftig herumstreifen kann um Nahrung zu finden. Er verabschiedet sich vom Fahrer und erkundigt sich, wo dieser als nächstes Arbeiten wird. Tatsächlich fährt er zu seinen Kollegen ins Nachbarforstamt. Dort soll er Erde aus verschlammten Gräben im Wald räumen. Das Nachbarforstamt hat eine Patenschaft für Auwälder und hofft, so die ursprüngliche Wasserdynamik wieder in Schwung zu bringen!